B. Manning: Revolution and Counter-Revolution

Titel
Revolution and Counter-Revolution in England, Ireland and Scotland 1658-60.


Autor(en)
Manning, Brian
Erschienen
London 2003: Bookmarks
Anzahl Seiten
262 S.
Preis
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Roland Ludwig, Maintal

Brian Manning, im April 2004 im Alter von 76 Jahren während seines Urlaubs in Italien tödlich verunglückt, veröffentlichte 2003 seine Studie zur Endphase der Englischen Revolution.

Manning gehört nicht zur Generation der berühmt gewordenen Gruppe der britischen Historiker, die der Kommunistischen Partei nahe standen, die jedoch mit ihr über die Niederschlagung der ungarischen Revolution 1956 brachen. Manning studierte aber bei Christopher Hill, einem der marxistischen Abtrünnigen der KP-Organisation, am Balliol College (Oxford) Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre. Wie Hill kam er nicht mehr los von der Erforschung der Englischen Revolution und deren sozialrevolutionären Anteilen. Anders als Hill stand er der britischen KP niemals nahe, sondern verband seine akademische Arbeit mit einem Engagement im trotzkistischen Spektrum der britischen Linken. Tätig war er am King´s College London, an der Manchester University und in den letzten Jahren seiner akademischen Laufbahn als Professor an der University of Ulster.

Manning spürte in dem Buch The English People and the English Revolution (1976 erstmals erschienen) der Rolle, die die Handwerker, Händler und Lehrlinge Londons und die Kleinbauern der Grafschaften während der revolutionären Ereignisse der 1640er Jahre spielten, nach. Eine zweite Untersuchung mit dem Titel 1649: The Crisis of the English Revolution (1992) konzentrierte sich auf den Höhepunkt der Revolution, die Hinrichtung Karls I., und die fast zeitgleiche Kehrseite, die Niederschlagung der von den Levellers geführten Meutereien in den parlamentarischen Truppen.1

In dem Buch zu Revolution und Konterrevolution in England, Irland und Schottland 1658-60 wird der Zeitraum vom Tod Oliver Cromwells bis zur Restauration der Monarchie untersucht.

\Manning zeigt die Rückkehr zur Monarchie unter Karl II. keineswegs als unausweichliches Schicksal gescheiterter republikanischer und oligarchischer Herrschaft, sondern analysiert die politischen Kämpfe der zwei Jahre unter Einbeziehung der Untersuchung sozialer Strukturen und Triebkräfte. Manning verzichtet überwiegend auf eine Schilderung der Vorgänge im Bereich der „großen Politik“, d. h. dass z. B. die Verhandlungen mit dem sich im holländischen Exil aufhaltenden Karl im Buch kaum eine Rolle spielen. Stattdessen sind es die sozialen Probleme und politischen Vorstellungen der Soldaten, Handwerker, Bauern, Landarbeiter, Armen, der religiösen Radikalen, der Commonwealthmen, Levellers und Presbyterianer die Mannings Interesse finden.

Mit dem Militärputsch vom April 1659 wurde Richard Cromwell, der den von seinem Vater Oliver geerbten Titel eines Lordprotektors trug, abgesetzt und unter öffentlichem Druck das „Rump Parliament“, das von Oliver Cromwell 1653 aufgelöste Parlament, wieder eingesetzt. Noch blieben etwa zwölf Monate bis zur Restauration – ein Zeitraum, den Manning keineswegs als einen zielgerichteten Ablauf verfolgt. Zum erwähnten öffentlichen Druck zählte eine erneute Flutwelle von Schriften und Petitionen, die für „the Good Old Cause“ agitierten. Vielfach brachte der religiöse Enthusiasmus der Sekten (Baptisten, Quäker, Fifth Monarchists) politische Forderungen mit sich. Zudem kam es zu Annäherungen zwischen säkularen (den Levellers) und religiösen Radikalen; während Erstere verstärkt Wahlrechtsbeschränkungen z. B. für Royalisten forderten, argumentierten Letztere für ein nur die „Heiligen“ umfassendes Wahlrecht. Die Überschneidung der Forderungen nach Wahlrestriktionen für Feinde der Politik des „Good Old Cause“ bzw. der Herrschaft der „Heiligen“ ging einher mit einer beträchtlichen personellen Überschneidung zwischen beiden Gruppen.

Neben den Forderungen nach Gewissensfreiheit und nach einer Beendigung von Zehntzahlungen und Schuldhaft („imprisonment for debt“) wurden die Forderungen nach Kontrolle der Parlamentarier, nach Rotation der Abgeordneten und nach in einjährigem Rhythmus abgehaltenen Wahlen wiederaufgenommen. Außerdem tauchte die Ablehnung der Einhegungen von Gemeindeland auf.

Im Anschluss an einen erneuten Putsch von Teilen des Militärs gegen das Rumpfparlament (13. Oktober 1659), der auch eine Spaltung im radikalen Lager offenbarte, setzte die Agitation für ein „freies Parlament“ ein und diese umfasste auch unverfälschte freiheitliche Forderungen und nicht nur in Freiheitsforderungen gekleidete Aufrufe zur Restauration, so argumentiert Manning.

General George Monck gelang es, den Einfluss der Radikalen zu neutralisieren, indem er die Wiederaufnahme der aus dem Parlament ausgeschlossenen Mitglieder, die einen Kompromiss mit Karl I. unterstützt hatten, durchsetzte. Er brachte seine Truppen nach London, ließ die Radikalen aus den lokalen Milizen ausschließen und disziplinierte die ihm feindlich oder distanziert gegenüberstehenden Truppenteile. Er machte den Weg frei für die Restauration unter Karl II. Es war zwar die Haltung und Entscheidung General Moncks, der nichts mehr verabscheute als den Einfluss der radikalen religiösen Sekten, die dem republikanischen Experiment in England ein Ende machte, aber möglich wurde dieser Einschnitt nur in einem Bündnis mit dem presbyterianischen Establishment, das eben diese Sekten verabscheute und dessen Zeit nach der Niederlage 1648 nun wieder gekommen war.

Der Osteraufstand 1660 ist ein wenig untersuchter Zeitabschnitt, kristallisierten sich um Moncks Gegenspieler im Offizierskorps Major-General John Lambert doch die Hoffnungen eines Teils des radikalen Lagers. Manning behandelt die Ereignisse im Detail, findet aber kaum Belege für eine Unterstützung breiter Kreise der Bevölkerung für Lamberts Widerstandsversuch gegen Monck. Die neue, nun wieder von der lokalen Gentry kontrollierte Miliz erwies sich als ein wirkungsvolles Instrument der Konterrevolution, gelang es ihr doch, die Ordnung herzustellen und die Radikalen niederzuhalten.

Das Scheitern der Revolution ergab sich aus dem Verhalten der Armee; hätten größere Teile der Armee eine einheitliche radikale Politik vertreten, wäre sie vielleicht anders verlaufen. Zeitweise hatte es zwar wieder Ansätze von Agitators, Delegierte der Mannschaften in Truppenteilen, gegeben, eine völlige Entpolitisierung gab es nicht. Eine Desillusionisierung war aber eingetreten, denn es hatte sich für die einfachen Soldaten, die seit 1659 mehrfachem politischem Wechsel, Trennungen der Truppenteile und ständigen Soldrückständen ausgesetzt waren, eine allgemeine Perspektivlosigkeit bemerkbar gemacht. Die Auszahlung von Soldrückständen in Form von Schuldscheinen half nur, die Machtverhältnisse zu zementieren, wurden die Schuldscheine doch vielfach unter Wert weiterverkauft z. B. an Offiziere. Die Erfahrung ständiger finanzieller Not in Verbindung mit der Bereicherung der Offiziere, die sich königliche Anwesen und Parks aneigneten, vertiefte nur die Kluft zwischen Soldaten und Offizieren, argumentiert Manning, der mit genauem Blick auf soziale Herkunft und Umgebung der Akteure und die sozialen Differenzierungen überhaupt ausgestattet ist. Gleichzeitig empfand die Bevölkerung die Armee zunehmend als parasitär.

Für große Teile der Bevölkerung blieben viele Fragen ungelöst – Fragen, auf die eine republikanische Regierung Antworten hätte finden müssen.

Großer Widerstand war mit der Erhebung des Zehnten verbunden, denn mit der Entstehung der diversen religiösen Sekten war der Bedarf an Eigenfinanzierung gewachsen. Zudem wandten sich vor allem ärmere Bauern gegen die Last des Zehnten. Eine Abschaffung des Zehnten wäre ein Frontalangriff auf die Eigentumsverhältnisse gewesen, da nicht unbeträchtliche Beträge in die Kassen der Aristokratie flossen.

Zu den ungelösten Problemen gehörten aber auch der Zustand des Rechtssystems, der Armenpolitik, der Fortführung der Einhegungen, die Situation der Kleinpächter, die Zukunft der Steuerpolitik.

Von grundsätzlicher Bedeutung war die Frage nach der Regierungsform (eine oder zwei Kammern, auch die Frage des Protektorats). Wichtig war selbstverständlich die Frage religiöser Toleranz: Eine einheitliche nationale Kirche konnte es nicht mehr geben; erwies sich trotz aller Unterdrückung die Existenz nonkonformistischer Kirchen als ein unwiderruflicher Ergebnis der vergangenen Jahre.

Manning legt eine gut geschriebene und gut recherchierte Untersuchung weitgehend politikgeschichtlichen Charakters mit sozialgeschichtlicher Fundierung vor.

Hervorzuheben ist die Einbeziehung der Entwicklung in Irland und Schottland, deren sozialrevolutionären Gehalt er z. B. im Fall von Irland im Kap. 4 und deren konterrevolutionären Verlauf er im Fall von Schottland im Kap. 7 behandelt.

Wie könnte es anders sein, das Buch endet mit der Niederlage der Revolution, der stabilisierten Macht von Nobility und Gentry im Parlament und der Rückkehr zur Monarchie. Aber es war eine entmystifizierte Monarchie, die sich ihrer Grenzen bewusster war, und die absolutistische Bestrebungen weitgehend vermied. Das kam im Wechsel von feudalen Abgaben zu einer Steuerpolitik, die der parlamentarischen Genehmigung bedurfte, zum Ausdruck. Im Schlussteil des Buches ist aber auch vom imperialen Wachstum Englands, dem Zuwachs des Einflusses des Handelskapitals und dem Beginn von Sklavenarbeit im großen Stil in den britischen Kolonien die Rede. Machten die schwarzen Sklaven 1638 auf Barbados noch 200 bei einer Gesamtbevölkerung von 6 000 aus, so arbeiteten 1653 in den Zuckerrohrpflanzungen bereits 20 000 Schwarze. Die Revolution hatte Sklavenhandel und –arbeit in den britischen Kolonien vorangetrieben, und die Restauration setzte bloß fort, was die Revolution in Gang gesetzt hatte.

Anmerkung:
1 Hinzu kamen Aristocrats, Plebeians and Revolution in England 1640-1660 (1996) und The Far Left in the English Revolution 1640 to 1660 (1999).

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